Mastix ist das Gummiharz des kleinen Baumes Pistacia lentiscus, das nur an einem einzigen Ort auf der Erde geerntet wird: auf der griechischen Insel Chios in der Ägäis; denn nur hier haben es die Mastixbauern geschafft den eigenwilligen und sensiblen Baum derart zu kultivieren, dass man aus ihm die begehrten Mastix-Tränen ernten kann. Das spezielle Wissen um das Kultivieren der Bäume ist ein langwieriger und komplizierter Prozess, der sich nicht beschleunigen lässt, da die Mastixbäume keinen Dünger vertragen und das Harz nur in mühevoller Handarbeit geerntet werden kann.
Bereits in der Bibel (Mose Genesis 43,11) wird das Harz als besonders wertvoller Stoff bezeichnet, als Israel sagte: "Nehmt von den besten Erzeugnissen des Landes in eurem Gepäck mit und überbringt es dem Mann als Geschenk: etwas Mastix, etwas Honig, Tragakant und Ladanum, Pistazien und Mandeln."
Schon damals war den Menschen die gute Heilwirkung des Harzes bekannt und wurde von berühmten Ärzten des Altertums gegen Zahnschmerzen und Darmleiden, aber auch gegen Husten (nach Adam Lonitzer 1630) verschrieben. Im antiken Rom und Griechenland diente Mastix als Kaugummi der Zahnpflege, da es desinfizierend wirkt und das Zahnfleisch stärkt. Man gab dem Mastixbaum auch den Namen „Zahnstocherbaum“, weil aus dem festem Holz Zahnstocher gefertigt wurden. So wurde Mastix bereits vor 2000 Jahren zu einem besonderen Produkt und damit zu einer beliebten und teuren Handelsware.
Wie begehrt das Harz schon zur damaligen Zeit war, zeigt sich in der Geschichte von Chios. Seit dem Mittelalter, während dem die Insel erst zu Venedig und später zu Genua gehörte, wurde Chios zu einer wichtigen und wohlhabenden Handelsstadt. Durch den Handel stieg die Anzahl der Bevölkerung. Der Anstieg der Wirtschaftskraft führte zu Wohlstand und politischem Einfluss. Besonders als Chios noch Teil der genuesischen Kolonien war, zeigte sich der Wert des Harzes in der Härte der Bestrafung bei Diebstahl oder Schmuggel. Wurden große Mengen gestohlener Ware bei einer Person gefunden, so drohte dieser sogar die Todesstrafe. Während der Erntezeit wurden die Bauern streng bewacht und nachts vorsorglich die Stadttore geschlossen, damit niemand auch nur eine wertvolle Mastix-Träne entwenden konnte. Um 1470 bereiste selbst Christoph Kolumbus die Insel Chios und lernte dort den Mastixbaum kennen.
Doch nicht nur bei den Einheimischen und Seefahrern war das Harz sehr begehrt. Auch die Haremsdamen des Sultans von Konstantinopel schätzten Mastix weil es die Zähne schützte und dem Atem einen angenehmen Duft verlieh. Dem Sultan gehörten zu dieser Zeit schon einige größere Inseln der Ägäis. Chios jedoch, das Erntegebiet der Mastix Tränen lag außerhalb seines Machtbereiches weswegen er viel Geld für das teure Mastix ausgeben musste. So zwang er Genua 1566 zur Übergabe der Insel.
Während des griechischen Unabhängigkeitskrieges von 1821 - 1829 wurden die Mastixdörfer die mastichochória auf Befehl des Sultans zunächst verschont. Erst 1822 kam es zum verhängnisvollen "Massaker von Chios", welches der berühmte Maler Eugène Delacroix 1824 in seinem Gemälde "Szène des massacres de Scio" festhielt. Dieses Gemälde ist heute im Pariser Louvre ausgestellt. Im Jahr 1912 wurde Chios von griechischen Soldaten erobert. Im Londoner Vertrag des gleichen Jahres erkannte das osmanische Reich den Verbleib der Insel als Teil des Königreiches Griechenland an.
Seit 1900 interessierte sich die medizinische Wissenschaft stärker für Mastix. In vielen Pharmakopöen erschien es als amtliche Arznei verschwand dann aber wieder im Laufe der Zeit aus den Büchern. Am längsten ist Mastix als Arznei in der schweizerischen Pharmakopöe verzeichnet. Bis Mitte des 20. Jh. war Mastix Bestandteil provisorischer Zahnfüllungen.
Nach 1980 rückt das Harz durch eine Studie an der Universität von Thessaloniki in den Fokus der modernen Wissenschaft. In dieser Studie wurde festgestellt, dass Mastix Plaque reduzieren kann. Es folgten weitere internationale Studien, welche die alten Erkenntnisse über die vielfältige gesundheitliche Wirkung des Harzes bestätigen: so wird die Fähigkeit der antientzündlichen Aktivität und die Hemmung des Bakterienwachstums in mehreren Studien nachgewiesen. Die Mund- und auch die Magenflora wird durch das Mastix dahingehend positiv beeinflusst, dass auch schädliche Keime bei regelmäßiger Anwendung vermindert werden.
Heute wird das orientalische Edelprodukt in vielen Bereichen verwendet: Von der Herstellung für Zahnpasta oder Mundwasser und Parfums bis hin zur Produktion von hochwertigen Lacken. Ein erheblicher Teil von Mastix wird zu Herstellung des türkischen Kaugummis verwendet.
Der Bedarf an dem Gummiharz ist dadurch in den letzten Jahrhunderten stetig gewachsen und somit auch die Zahl der Mastixbäume. Auf Chios gibt es mittlerweile ca. zwei Millionen davon. Dies entspricht einer Jahresproduktion von 200 Tonnen Mastix. Für ein Kilo der Tränen zahlt man heute 140 Euro.